Taufkirchen, 22. April 2024. Dass ein Gasherd im eigenen Haus explodiert, ist eine schlimme Vorstellung. Dass dadurch auch noch Mauern eingerissen werden und das Haus nicht mehr bewohnbar ist, ist noch furchtbarer. Walter Annen und seine Frau haben etwas Ähnliches erlebt. 2005 flog in der Backstube unten in ihrem Haus ein Gasbehälter wegen eines defekten Verschlusses in die Luft. Danach musste das Gebäude mit Geschäftsräumen und vier Wohnungen abgerissen werden. Elisabeth Annen wollte daraufhin nie wieder Erdgas in ihrem Haus haben, so dass die beiden nach einigen Umwegen in ihrem Neubau letztlich Infrarotheizungen installierten. Nach über 15 Jahren in dem Mehrfamilienhaus, das seit 2019 auch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat, sind sie mit ihrer Entscheidung immer noch sehr zufrieden. Die niedrigen Stromverbräuche für die Heizung hat Annen in seiner Funktion als Vermieter sorgfältig dokumentiert.
Seit 2008 lebt das Paar in seinem neuen Haus in Lauerz im Kanton Schwyz. In einer Wohnung leben sie selbst, die anderen fünf Wohnungen haben sie vermietet. Da sie weder eine Gas- noch eine Ölheizung in ihrem Neubau wollten, fiel ihre Entscheidung zunächst auf eine Wärmepumpe. Die lehnte die Gemeinde jedoch mit der Begründung ab, dass sie den Erdsonden der Nachbarn Energie wegnehmen würden. Auch Elektroheizungen schienen zunächst nicht möglich. Ihr Energieversorger lehnte den Antrag mit dem Hinweis ab, dass diese laut Beschluss des Verwaltungsrates nicht mehr bewilligt werden dürften. Daraufhin planten sie widerstrebend doch mit einer Gasbrennwerttherme.
Sondergenehmigung des Energieversorgers
Bis sie an Heiligabend 2006 der überraschende Anruf des CEO ihres Energieversorgers, Herrn Reichmuth, erreichte. Wegen der traumatischen Erfahrungen, die das Paar gemacht hatte, werde der Verwaltungsrat ihnen eine Sondergenehmigung für Infrarotheizungen erteilen. Voraussetzung sei jedoch, dass es in jeder Wohnung einen Zähler geben müsse, um den Strombedarf zu kontrollieren. Denn der Energieversorger ging davon aus, dass der Stromverbrauch exorbitant hoch sein würde. Deshalb hat Annen die Energieverbräuche seither schwarz auf weiß. Dies auch, weil er für die Nebenkostenabrechnungen für die Mietwohnungen den Stromverbrauch inklusive Heizung berechnet. So kann er den Mietern dank des Heizungszählers die Mehrkosten im Winter belegen und erklären. Für den Haushaltsstrom haben alle bei Energieversorgern separate Verträge.
Das neue Gebäude, das 2007 gebaut wurde, hat sechs Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 660 Quadratmetern. „Es entsprach dem damaligen Mindestbaustandard“, sagt Roger Heller, Geschäftsführer der Oekoswiss AG, Hersteller der bei Annen verbauten Infrarotheizungen, und Gesellschafter der elio GmbH. Das einschalige Mauerwerk und das Dach haben 16 cm Außendämmung. Die Fenster sind zweifachverglast, eine kontrollierte Wohnraumlüftung gibt es nicht.
Erfreuliche Energiebilanz
Im Februar 2008 sind Walter Annen und seine Frau in eine Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss eingezogen. Im April des gleichen Jahres waren alle Wohnungen belegt. Seither haben im Schnitt zwischen neun und zwölf Personen in dem Haus gelebt.
Der Heizwärmebedarf für alle Wohnungen, die zwischen 2,5 und 4,5 Zimmer haben, wurde in der Planung mit 56.760 Kilowattstunden berechnet. Bei 660 Quadratmetern Wohnfläche hätte dies 86 Kilowattstunden je Quadratmeter entsprochen. Nach fünfzehn Jahren sieht die Bilanz aber anders aus: Im Schnitt haben die Bewohnerinnen und Bewohner der sechs Wohnungen nur 19.000 Kilowattstunden pro Jahr für ihre Infrarotheizungen verbraucht. Das sind durchschnittlich 29 Kilowattstunden pro Quadratmeter.
Wie die Wärmeversorgung aussehen kann, wird hier am Beispiel der Wohnung von Walter Annen erläutert. Seine 3,5 Zimmer-Wohnung ist 110 Quadratmeter groß. In dem 46 Quadratmeter großen Wohnraum mit Küche sind drei Infrarotheizgeräte installiert: in der Küche, über dem Esstisch und über dem Sofa. Weiterhin sind im Schlafzimmer, Arbeitszimmer und Badezimmer sowie auf dem Flur jeweils eine Infrarotheizung montiert.
Für die Erwärmung des Dusch- und Trinkwassers ist hier, wie in den anderen Wohnungen auch, ein Elektroboiler mit drei Kilowatt Leistung in Betrieb. Dazu gehört ein 300-Liter-Warmwasserspeicher.
Angenehme Strahlungswärme nach Bedarf
Temperaturfühler in jedem Raum erfassen die Temperatur und schalten die Infrarotheizungen bei Bedarf ein. Sobald die Wunschtemperatur erreicht ist, schalten sie sich automatisch wieder aus. Annen hat beispielsweise die Temperatur im Wohnzimmer auf 21,1 Grad eingestellt. „Nach 20 Minuten ist die gewünschte Temperatur im Raum erreicht“, erzählt er und freut sich über den hohen Bedienungskomfort: „Es gibt nichts Einfacheres.“ Als sehr angenehm empfindet er auch die Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent in den Räumen. „Das ist die ideale Luftfeuchtigkeit und keine trockene Heizungsluft.“
Im Durchschnitt haben Walter Annen und seine Frau seit ihrem Einzug durchschnittlich 4.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr für die Beheizung ihrer 110 Quadratmeter großen Wohnung verbraucht. Je nach Wetter schwanken die Verbräuche. 2022 lag ihr Stromverbrauch bei 3.713 Kilowattstunden für die Infrarotheizungen. Unter Berücksichtigung von Nieder- und Hochtarifen, die es in der Schweiz gibt, lagen ihre Kosten für die Heizung damit bei 852 Schweizer Franken (884 Euro).
Dass Infrarotheizungen sehr wartungsarm sind, kann Annen ebenfalls bestätigen. Seit ihrem Einzug mussten nur drei Relais in den Elektrokästen ausgetauscht werden. Sie schalten die Heizungen ein beziehungsweise aus. Die Kosten lagen bei 110 bis 120 Schweizer Franken (114 - 124 Euro) pro Tausch. „Von dem Geld, das ich für nicht angefallene Wartungen einspare, können wir in Urlaub fahren“, sagt er zufrieden.
Solarstrom für die Heizung und das Elektroauto
2019 hat Walter Annen auf den Dachflächen mit Nord-/Ost- und Süd-/West-Ausrichtung des Hauses eine Photovoltaikanlage mit 40,32 Kilowatt Leistung installieren lassen. Auch diese Energiebilanz beobachtet er mit Interesse. Die Anlage erzeugt im Durchschnitt zwischen 36.000 und 37.000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Den Akku des Elektroautos, das er im Juni 2022 angeschafft hat, kann er zu etwa 90 Prozent mit eigenem Solarstrom laden.
Wie in jedem anderen Mietshaus, wechseln auch bei ihm die Mieter hin und wieder. Da stellte er dann fest, dass es noch einen hohen Aufklärungsbedarf zum elektrischen Heizen gibt. Manche Interessenten sind zögerlich, weil sie hohe Stromkosten befürchten. Annen kann ihnen dann seine eigene Energiebilanz vorlegen. Aber spätestens, wenn die neuen Mieter dann ihre ersten Nebenkostenabrechnung erhalten, klingeln sie wieder an seiner Tür. Dann erklärt er ihnen, dass ihre Stromrechnung zwar höher als in einem Mietshaus mit konventioneller Heizung ist, dass bei ihnen aber die Heizung enthalten ist und sie nicht für Öl oder Gas zahlen müssen. Von seinen Mieterinnen und Mietern erwartet er nicht, dass sie das neue strombasierte Heizkonzept sofort verstehen, von Technikern, Heizungsbauern und Planern würde er sich aber wünschen, dass sie sich mehr damit beschäftigen. Er selbst ist schon lange von dem Infrarot-Heizkonzept überzeugt, und dem ehemaligen CEO seines Energieversorgers ist er heute noch dankbar für die Ausnahmebewilligung. Ebenso seine Frau: Sie ist froh, dass sie kein Erdgas mehr im Haus hat.
Weitere Informationen:
Fact Sheet
Fotos:
Quelle: Oekoswiss Energy / Thomas Lienhard
Printauflösung:
https://www.picdrop.com/teamwerkag/azgj7nKqn9
Webauflösung:
https://www.picdrop.com/teamwerkag/CcSTuiTN5z
elio-Konzept: